Hintersee: Rundweg 63, Halsalm


Von Berchtesgaden aus fährt man mit dem Auto etwa 15 min nach Hintersee. Von dort aus wollten meine Frau und ich mit unserem vierjährigen Sohn einen nur 5,5 km langen und als kinderfreundlich ausgewiesenen Rundweg hinauf zur Alm und wieder hinunter wandern. Was wir erlebten, spottete jeder Beschreibung.

Weil der Sohn sich sehr kurzfristig für »Auf die Bergeeeee!« entschieden hatte (ursprünglich war für den ersten Tag eine 4 km kurze Tour am Königsee angedacht), hatte die Gattin die Leki-Wanderstäbe nicht mitgenommen.

Glücklicherweise war schönes Wetter. Bei Regen hätten wir aufgrund des fiesen Weges nicht einmal 500 m geschafft. Es ging steil bergan. Wir stiegen über brüchige Felsen, glitschige Baumwurzeln, feuchte Erde, erkletterten eine Geröllhalde (mehr ist der Weg partiell wirklich nicht) und erwogen de facto einen Abbruch der Tour, weil es uns zu gefährlich wurde – der Sohn hatte keine richtigen Wanderstiefel an, sondern nur halbhohe Schnürschuhe.

Los, Sohn! Mach mal keine Grimassen!
Los, Sohn! Mach mal keine Grimassen!

Lediglich zwei dem Akzent nach österreichische Wanderer ermunterten uns, den Weg bis nach oben zur Alm zu gehen. Es sei noch etwa eine halbe Stunde und der Weg werde besser. Es ginge nur noch bis da oben, hinter der Kurve werde es schon besser.

Und sie hatten nicht geschwindelt. Der Weg war nach wie vor steil, aber das Geröll ließen wir hinter uns. Dann beruhigte sich irgendwann auch die Wegführung, wir näherten uns der Baumgrenze und standen auf der Alm.

Überall Kuh-Kacka! Ein Fest für den Sohn! Jeder Fladen wurde ausgiebig begutachtet und umtänzelt (bloß nicht reintreten!). Und dann gelangten wir an die Hütte. Es gab Apfelschorle und frische Milch, Käse- und Speckbrot. Um sich was zu holen, musste man in die Hütte hinein, in der eine Kuh lag und ein Huhn herumlief. Der Sohn war tief beeindruckt. Auch von den beiden schwarzen Hühnern draußen, die sich ein sonniges Plätzchen gesucht hatten und das Gefieder spreizten.

Nach einer ausgiebigen Pause machten wir uns an den Abstieg, der gleichzeitig den Zufahrtsweg zur Alm darstellte. Stellenweise habe ich Zweifel, dass da ein moderner Geländewagen durchpasst, muss aber wohl, denn oben stand einer. Und der ist hier auch nötig. Der komplette Weg herunter, der sich in oft ziemlich steilen Serpentinen präsentierte, war mit hellen Steinchen geschottert. Super, wenn man kein Wanderstiefelprofil hat, denn dann rutscht man die ganze Zeit.

Das Gefälle war viel zu groß für einen kleinen Jungen, der sein Tempo nicht richtig kontrollieren und nicht wirklich bremsen konnte und daher vom Schritt in den Trab in den Galopp zu fallen drohte. Weil es links und rechts teilweise ein paar Hundert Meter hinunterging, klemmten wir uns den sich sträubenden Sohn zwischen uns und hielten ihn von ziemlich weit oben bis fast ganz unten an den Händen. Das ging nur, indem wir sagten, dass er uns festhalten müsse, weil wir Angst hätten. Was für ein mutiger kleiner Kerl!

Schließlich taten ihm aber die Arme weh, und so entschied die Frau, ihn ein Stück zu tragen. Das waren vielleicht nur 500 m, aber die zogen sich – Gefälle, Gerutsche, Gewicht. Von mir wollte er sich erst tragen lassen, als wir schon im Tal waren, und auch nicht mehr als 100 m.

Schließlich gelangten wir wieder am Hintersee an, und dort durfte der Sohn Steine ins Wasser schmeißen – eine seiner Lieblingsbeschäftigungen seit er ganz, ganz klein ist.

Steine schmeißen in den eiskalten Hintersee
Steine schmeißen in den eiskalten Hintersee

Erkenntnis des Tages: Nur weil der Autor eines Wanderführers meint, ein Weg sei einfach und kinderfreundlich, heißt das noch lange nichts. Dieser Weg ist es definitiv nicht. Und er ist satte 2,5 km länger als angegeben, was ungefähr 50 Prozent mehr ist.


Eine Antwort zu “Hintersee: Rundweg 63, Halsalm”

  1. Die Kritik ist mehr als berechtigt.
    Aber dennoch: ihr habt eine eindrucksvolle Wanderung gemacht, Adrian hatte besondere Erlebnisse, und du bringst ein paar wunderschöne Fotos mit nach Hause.
    Ich wünsche euch einen weiterhin schönen Urlaub.
    Aus dem sonnigen Bennigsen (blauer Himmel, 21°C) grüßt euch der Opa.